Stéphanie Perotti ist eine Ubisoft-Veteranin und seit 22 Jahren mit dabei. Bei Ubisoft hat sie vier Konsolen-Generationen erlebt, einschließlich des Technologiesprungs zu hochauflösenden Grafiken und der Verbreitung des Online-Gamings. Als VP of Online Services leitet sie alle Ubisoft-Online-Dienste sowie die Familientitel des Unternehmens. Sie hat außerdem eine zentrale Rolle bei Ubisofts aktueller Partnerschaft mit Google gespielt, welche in die Project-Stream-Zusammenarbeit zwischen Assassin's Creed Odyssey und Google mündete, sowie bei Ubisofts fortgesetztem Engagement für Google Stadia.
Vor Kurzem haben wir mit Stéphanie über Ubisofts Beitrag zur Zukunft des Videospiele-Streamings gesprochen, warum das Cloud-Computing Entwicklern hilft, einstige Beschränkungen zu überwinden und warum alle Spieler vom Cloud-Gaming profitieren werden.
Welchen Eindruck hatte Ubisoft von Project Stream und warum hielt man es für wichtig, an diesem Test beteiligt zu sein?
Stéphanie Perotti: Das war eine großartige Erfahrung für uns als Unternehmen. Wir waren schon immer offen für neue Herausforderungen und die Partnerschaft mit Google war ideal, um zu sehen, was erforderlich ist, um beim Streaming dabei zu sein, zu sehen, welche Leistung wir mit einem Spiel erreichen können, das gerade auf anderen Plattformen erschienen ist, zu sehen, ob wir es auf alle Geräte übertragen können. Es war eine tolle Zusammenarbeit. Wir haben viel gelernt und als Mitarbeiterin von Ubisoft denke ich, dass es unser eigentliches Ziel sein sollte, zu lernen und zu verstehen, welche Kernanforderungen für die Zukunft des Streamens notwendig sind.
Gab es etwas Unerwartetes oder Herausforderndes, das Ubisoft im Verlauf der Partnerschaft gelernt hat?
SP: Als Überraschung würde ich die Reaktion der Community betrachten und die Qualität der Erfahrung. Einer der Schlüsselaspekte besteht darin, die Spieler und die internen Teams davon zu überzeugen, dass es funktionieren kann. In der Vergangenheit hat es so viele Versuche gegeben, unsere Spiele in eine Streaming-Umgebung zu übertragen, und offenkundig bestehen große technische Hürden. Aber der erste Schritt bestand darin, sicherzustellen, dass Google etwas aufbaut, womit diese Hürden überwunden werden können, und ich denke, bei ihrer Stadia-Konferenz haben sie das sehr gut verdeutlicht. Wir haben gesehen, dass sich das Spielerlebnis dank geringerer Latenz und hochwertigerer Grafiken verbessert hat, und einige Spieler genießen das Spiel so, wie sie es auf jedem anderen Gerät tun würden.
**Warum ist Ubisoft bei neuen Technologien so gerne an vorderster Front mit dabei? **
SP: Im Grunde genommen sind wir immer auf der Suche nach technischen Innovationen, die es uns ermöglichen, bessere Spiele zu entwickeln. Wenn wir einen Partner entdecken, der eine Innovation herausbringt, wie Google mit Stadia, betrachten wir es unter dem Aspekt: „Wie kann uns diese neue Partnerschaft dabei helfen, bessere Spiele zu entwickeln?“
**Hat Ubisoft eine Vorstellung davon, wie Streaming die Art und Weise verändern wird, wie wir Spiele entwickeln? **
SP: Wenn es um das Cloud-Gaming geht, gibt es zwei Aspekte. Zum einen ist da der Streaming-Aspekt, der es dem Spieler ermöglicht, überall auf seine Inhalte zuzugreifen, und dann noch der Cloud-Computing-Aspekt, der es unseren Entwicklern ermöglicht, auf die unbegrenzte Rechenpower in der Cloud zurückzugreifen, um bessere Spielerlebnisse zu erschaffen. Der Streaming-Aspekt ist also nicht zwangsläufig die größte Herausforderung für uns. Unsere Spiele werden schon seit vielen Jahren über diverse Plattformen gestreamt. Neben der Partnerschaft mit Google arbeiten wir auch noch mit Nintendo zusammen, um Assassin's Creed Odyssey in Japan via Streaming auf die Nintendo Switch zu bringen.
Unterm Strich wird es interessante Herausforderungen geben, denen wir uns stellen müssen. Wie spielt man ein Konsolen- oder PC-Spiel auf Mobilgeräten? Wie passen sich unsere Spiele dem Gerät an, auf dem man spielt? Es gibt viele Herausforderungen, was Design und Nutzererfahrung betrifft, und die müssen wir meistern.
**Glaubst du, dass Cloud-Entwicklung und Streaming ineinandergreifen? **
SP: Ich glaube, wir nähern uns einem Berührungspunkt, an dem wir ein Interesse daran haben, unseren Entwicklerteams bessere Tools zur Verfügung zu stellen, damit sie die Produktion unserer Spiele verbessern können. Gleichzeitig überprüfen wir die Art und Weise, wie wir heute unsere Spiele erschaffen. Wir brauchen unsere Engines und Produktionskanäle, um uns an die neue Art der Entwicklung via Cloud-Computing anzupassen.
**Ist Streaming gut für die Industrie? **
SP: Aus zwei Gründen ist es gut. Streaming ermöglicht es uns, mehr Spieler zu erreichen, und zwar egal wo sie sind und zu jeder Zeit. Wir glauben, das bringt auch unseren bisherigen Kunden einen Mehrwert. Beispielsweise spiele ich gerade The Division 2, aber ich bin die ganze Woche über in San Francisco bei der GDC. Ich würde gerne weiterspielen, während ich unterwegs bin. Der Zugang über verschiedene Geräte ermöglicht es uns, zu lernen und bessere Nutzererlebnisse zu erschaffen, an denen Spieler sogar beteiligt sein können. Möglicherweise können wir sogar Dinge erschaffen, die es jetzt noch gar nicht gibt. Das finde ich wirklich spannend.
Glaubst du, dass Ubisoft Menschen durch einen erleichterten Zugang zu Spielen anders an Spiele heranführen wird?
SP: Absolut. Die Art, wie wir neue Spieler an Bord holen und die Spielererfahrung im Allgemeinen werden wir meiner Meinung nach anpassen müssen. Wir müssen uns an jeden Spielertypus anpassen. Genau über diesen Punkt haben wir diskutiert. Wie heißen wir diese neuen Spieler willkommen? Wie gehen wir mit ihren Erwartungen um? Wie ermuntern wir sie, auf eigene Weise zu spielen?
**Wird die Unterstützung anderer Plattformen dadurch für Ubisoft schwieriger? **
SP: Wir möchten immer da sein, wo unsere Spieler sind. Ich glaube nicht, dass wir in eine Situation kommen werden, wo wir nur noch auf Streaming-Plattformen setzen und uns von den traditionellen Konsolen abwenden. Ich denke, wir wollen unseren Spielern weiterhin die Wahl lassen. Das bedeutet zusätzliche Herausforderungen für uns. Wie erschaffen wir diese Erlebnisse übergreifend für eine große Zahl unterschiedlicher Plattformen? Aber das ist etwas, womit wir in der Vergangenheit schon immer zu tun hatten. Das führt dazu, dass wir anders über unsere Engines und Tools nachdenken. Dahinter steckt die Absicht, mehr Mircoservices einzurichten, damit wir unsere Spiele effizienter entwickeln können.
**Wie wird die Videospieleindustrie deiner Meinung nach in fünf Jahren aussehen? **
SP: Ich glaube, die Zugänglichkeit, also die Möglichkeit sein Spiel immer bei sich zu haben, sowie zusätzliche nützliche Dienstleistungen, die wir im Rahmen des Spielerlebnisses erschaffen können, werden unsere Vision vom Spiel als einer Plattform befeuern. Wir wollen dafür sorgen, dass Spiele tiefgründige, riesige Erlebnisse sind, in denen Spieler eine Menge wertvoller Zeit verbringen können. Ich denke, in fünf Jahren werden wir bessere Spiele mit besseren Grafiken, besserer KI und vor allem besseren Spielerlebnissen erschaffen. Ich glaube, dass die Community viel stärker eingebunden sein wird. Sie wird ein aktiver Teilnehmer bei der Entwicklung unserer Spiele sein.
Mehr über Stéphanie Perotti findest du in unserem letzten „Women of Ubisoft“-Interview.